Lesetext
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Mündliche Präsentation
Im Hochschulkontext existieren viele unterschiedliche Präsentationsformen: Referate, Konferenzvorträge, Posterpräsentationen, Kurzpräsentationen, mündliche Textzusammenfassungen, Kolloquiumsvorträge, Vorstellungen einer Gruppenarbeit oder eines Projektes sowie Gastvorträge (vgl. Lange/Rahn 2017: 54). Während ein Gastvortrag von einem eingeladenen Wissenschaftler oder einer Wissenschaftlerin einer anderen Hochschule gehalten wird und in einem Konferenzvortrag eigene Forschungsarbeiten und Projekte einem breiten Publikum vorgestellt werden, sind Referate oder Kurzpräsentationen die häufigsten Präsentationsformen im Studium. Referate können als Einzel- oder Gruppenreferate vorbereitet und gehalten werden. Die Ziele sind dabei immer kontextabhängig: in einem Seminar wird dadurch häufig ein neues Thema oder ein Themenaspekt, in einem Projektseminar eigene Forschungsarbeit oder ein Projekt vorgestellt (vgl. ebd.: 55). Weiterhin haben studentische Präsentationen einen Übungscharakter für angehende Wissenschaftler*innen, dabei werden grundlegende wissenschaftliche Arbeitsmethoden wie Recherche und kritische Verarbeitung von Texten (vgl. Guckelsberger 2009: 83) sowie Präsentationstechniken und Präsentationskompetenz erworben.
Was macht eine gelungene Präsentation aus? Eine Präsentation benötigt eine solide, gut ausgearbeitete inhaltliche Basis. D.h. nach der Themenfindung erfolgt in der Regel eine umfassende Literaturrecherche, Kurzpräsentationen hingegen basieren häufig auf von den Lehrenden ausgewählten und zur Verfügung gestellten Textbeiträgen. Im Zuge der Recherche wird der Forschungsstand erarbeitet, zentrale Begriffe werden festgelegt und definiert und der zu präsentierende Themenbereich wird eingegrenzt. In einem weiteren Schritt wird die Präsentation nach ihren Schwerpunkten gegliedert und stichpunktartig ausformuliert. Dieser Schritt wird in der Regel medial unterstützt, z.B. in Form von PowerPoint-Folien und einem Handout1. Gleichzeitig kann der Inhalt sprachlich ausformuliert werden. Insbesondere ungeübte Vortragende und Nichtmuttersprachler*innen können von dieser Vorlage profitieren, indem sie den Text zu Übungszwecken vorab vortragen. Das Ablesen von der Vorlage während der Präsentation wird allerdings eher negativ bewertet, in der Regel wird freies Sprechen und Augenkontakt mit dem Publikum erwartet. Obwohl das monologische Sprechen einen Großteil des Referates ausmacht, befinden sich die Vortragenden in einer Kommunikationssituation mit dem Publikum und müssen mit den Fragen und Anmerkungen der Zuhörenden umgehen können.
Die sprachliche Gestaltung einer Präsentation ist trotz der Nähe zur schriftlichen Wissenschaftssprache weniger formell. Viele Phänomene der mündlichen Alltagsprache wie unvollständige Sätze, Wiederholungen und Gesprächspartikeln finden sich auch bei einem Referat im akademischen Kontext. Nichtsdestotrotz ist das Sprechen an der Hochschule nicht das Sprechen im Alltag (vgl. Rahn 2019: 32). Andererseits kann der schriftsprachliche wissenschaftliche Stil nicht ohne Weiteres auf mündliche Kontexte der Hochschulkommunikation übertragen werden (vgl. ebd.: 36).
Rahn (2019) empfiehlt bei studentischen Präsentationen statt der wortwörtlichen Übernahme schriftlicher Formulierungen aus den Fachtexten ein „hörerfreundliches Sprechen" (ebd.: 33) zu verwenden. Dabei wird der komplexere schriftsprachtypische Nominalstil in den eher hörerfreundlichen Verbalstil umgewandelt. Wenn auf der Präsentationsfolie beispielsweise das Projektthema „Umgang mit migrationsbedingter Zwei- und Mehrsprachigkeit in der Schule" im Nominalstil geschrieben steht, sollte dieses bei der Versprachlichung in eine verbale Satzstruktur überführt werden: „Es geht darum, wie man mit Zwei- und Mehrsprachigkeit in der Schule umgehen kann, und zwar speziell mit der Zwei- und Mehrsprachigkeit, die durch Migration entsteht" (ebd.: 35).
Fandrych (2019: 22-27) fasst einige lexikalische und stilistische Merkmale der gesprochenen Wissenschaftssprache zusammen, die sich deutlich von denen der geschriebenen Wissenschaftssprache unterscheiden. Das in der schriftlichen Wissenschaftssprache geltende Ich-Verbot verliert in der gesprochenen Wissenschaftssprache seine Gültigkeit. Sowohl in strukturierenden als auch in argumentativen Passagen sind persönliche Formulierungen zu finden:
ich werde nacheinander einige äh Analysemöglichkeiten vorschlagen bis ich dann äh zuletzt ähm auf tun als i: element eingehen möchte und das eben auch etwas näher ausbauen möchte (EV_DE_105) (Fandrych 2019: 22, Hervorhebung im Original).
dies widerspricht eindeutig der Aussage Sternefelds, dass es im Deutschen kein do Support gäbe (0.5), und ich denke die Indizien sind (0.4) eindeutig, dass es (0.7) diesen (0.4) sehr wohl gibt, (0.4) sodass ich zu folgendem Fazit komme (EV_DE_105) (ebd.: 23, Hervorhebung im Original).
Außerdem spielen bestimmte Verben, die die eigene Positionierung markieren, eine wichtige Rolle in der mündlichen wissenschaftlichen Kommunikation (ich denke (nicht), ich glaube (nicht), ich bin (nicht) überzeugt davon). Bestimmte Verben der Wahrnehmung, die im Schriftlichen nicht verwendet werden, sind in Vorträgen üblich (etwa gucken, angucken, schauen, anschauen): „das alles ham wir gemacht um zu gucken was machen diese Faktoren einzeln [...] für diese Pronomen (EV_DE_100)" (vgl. ebd.: 23-24, Hervorhebung im Original). Die zwei weiteren Verbote der Wissenschaft Erzähl-Verbot und Metapher2-Verbot bzw. Humor-Verbot werden in der gesprochenen Sprache auch nicht so streng gesehen wie in geschriebenen wissenschaftlichen Texten. Bei der Begründung der Themenwahl oder zur Auflockerung der Atmosphäre oder auch in der Argumentation finden sich erzählerische und anekdotische Einschübe (vgl. ebd.: 25-26).
Konkrete sprachliche Handlungen beim Vortragen lassen sich in Verbindung mit einzelnen Präsentationsphasen darstellen. Wie bereits hingewiesen, stellt ein Teilprojekt des MuMiS-Projektes DigiLex UniComm3 eine Auswahl an vorgefertigten Formulierungshilfen bereit. In der Eröffnungsphase einer Präsentation, d.h. nachdem das Rederecht an die Referent*innen übergeben wurde, wird in der Regel das Publikum begrüßt und die Referent*innen stellen sich je nach Notwendigkeit vor. Nach der Benennung des Themas der Präsentation und eventuellen Erläuterung des Hintergrundes bzw. der Motivation für die Präsentation wird die Gliederung vorgestellt und auf die anschließende Diskussionsrunde hingewiesen. Darauf folgt die Hauptphase der studentischen Präsentation, in der die vorbereiteten Inhalte dem Publikum wiedergegeben werden. Mögliche Teilhandlungen in dieser Phase sind Forschungsliteratur referieren, zitieren und kritisieren, Begriffe definieren, Desiderate benennen, Beispiele anführen und Ergebnisse zusammenfassen. Wenn es sich um die Vorstellung eigener Forschungsarbeit handelt, stehen die Handlungen wie Forschungsfragen nennen, Hypothesen generieren, Methoden benennen und erläutern, Ergebnisse vorstellen und interpretieren, einen Ausblick auf die künftige Forschung formulieren im Mittelpunkt (vgl. Lange/Rahn 2017: 65). Außerdem kann bereits in dieser Phase der Sprecher*inwechsel stattfinden -- häufig wird die Präsentation von den Lehrenden unterbrochen, um eine diskursive Phase zu initiieren. Die Gründe für solche eingeschobenen Diskussionsphasen sind „Sicherung, Bearbeitung und Erweiterung des präsentierten Wissens" (Guckelsberger 2009: 72). D.h. es handelt sich dabei um ein seitens der Dozent*innen wahrgenommenes Defizit, das durch das Eingreifen bzw. eine kurze Diskussionseinheit kompensiert werden soll. Die Überschreitung eines gesetzten Zeitlimits kann auch zum dozentenseitigen Eingreifen oder sogar zum Abbruch der Präsentation führen (vgl. ebd.: 76).
Die Übergabe des Rederechts an die Lehrenden kann auch erst nach dem Abschluss der Präsentation erfolgen. Die Lehrenden können dann in der Diskussionsphase die gleichen Einwände wie in eigeschobenen Phasen äußern (vgl. ebd.). In die Diskussionsphase, die im Vergleich zur Präsentationsphase nicht planbar ist, gehören normalerweise Verständnisfragen seitens des Publikums, aber auch kritische Fragen und Einwände der Zuhörenden, die ein Teil der diskursiven Wissensvermittlung und -aneignung darstellen (vgl. Lange/Rahn 2017: 89). Wie bereits weiter oben erläutert, wird vom Publikum im akademischen Diskurs eine aktive Beteiligung an der Diskussion erwartet. Im Folgenden wird darauf näher eingegangen.
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(von engl.: '(to) hand out' = „aushändigen") ist allgemein jede Art von Unterlagen, die bei Vorträgen, Besprechungen und Konferenzen an die Teilnehmer*innen ausgegeben werden. Ein Handout spiegelt die Gliederung eines Vortages wider und ermöglicht den Zuhörer*innen, den Vortrag besser nachzuvollziehen. ↩
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Die Metapher ist ein Wort oder eine Wortgruppe, die auf der Grundlage eines Vergleiches außerhalb ihres eigentlichen Bereichs in übertragener Bedeutung verwendet wird (vgl. dwds.de), z.B.: jemandem das Herz brechen. ↩
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https://digilex.uni-kassel.de/de/muendliche-praesentationen/aufbau-und-sprachliche-gestaltung-von-muendlichen-praesentationen, Zugriff am 08.03.2023. ↩